Evangelische Bartholomäuskirche
Geschichte unserer Gegend
Frühe Geschichte
Es gibt Vermutungen, daß in unserem Gebiet eine Siedlung aus der Zeit der Urnenfelder bestand (1200-800 v. Chr.). Nachweisbar sind keltische Siedlungen um die Zeitenwende (Billingshausen, Holzkirchen...). Um 300 sickerten Alemannen in unser Gebiet ein: Alle Ortsnamen mit „...ingen" stammen aus dieser Zeit (z.B. Uettingen, Remlingen...). Sie vermischten sich mit der ortsansässigen Bevölkerung. Um 500 verdrängten die Franken die Alemannen: In Roßbrunn wurde ein Reihengräberfeld aus der fränkischen Landnahme gefunden (um 680).
742 wurde das Würzburger Bistum gegründet (Bonifatius), sein Schüler Burkhard wurde der erste Bischof (Nach der frommen Legende wurde durch die iroschottischen Mönche Kilian, Totnan und Kolonat das Evangelium nach Würzburg gebracht).
Mitte des 8. Jahrhunderts wurde das Kloster Holzkirchen von Graf Troand gegründet, 775 der Reichsabtei Fulda übereignet.
Uettingen war Lehen des Klosters.
Um 1200 nahm das Grafengeschlecht von Wertheim mehr und mehr Einfluß in unserem Raum: Sie hatten die Vogtei über das Holzkirchener Kloster, bekamen Uettingen als Fuldaer Lehen (Grundherr blieb das Kloster) - die späteren Verwicklungen waren damit vorgeprägt. Die Grafen von Wertheim schufen sich lokale Machtzentren, versehen mit einem Amtmann - wie die Burg im Nachbarort Remlingen (Uettingen mußte die Abgaben an Remlingen liefern).
Eine Episode
Ein Hirte, Hans Behem aus Helmstadt, als Dorfmusikant von Ort zu Ort ziehend, hatte eine Marienvision. Er begann als „Pfeifer von Niklashausen" zu predigen: Seine Predigten waren geprägt von glühender Marienfrömmigkeit, vermischt mit Reichsreformgedanken, später auch mit harter Kritik am Klerus. 1476 wurde er in Würzburg als Ketzer verbrannt.
Reformationszeit
Schon 1518 gab es in Wertheim einen Anschlag an der Kirche: Verbot von Jahresstiftungen und Mahnung zur Unterstützung der Armen.
Graf Georg II von Wertheim war 1521 auf dem Reichstag zu Worms. Als Mitglied der Kommission , die mit Luther wegen seines Widerrufs verhandelte, trat er in intensive Gespräche mit dem späteren Reformator ein - er war von ihm beeindruckt.
1522 bat der Graf Luther um einen Prediger der neuen Lehre: Für kurze Zeit kam Dr. Jakob Strauß aus Basel. 1524 trat Franz Kolb in den Wertheimer Dienst, der erste Prediger der Reformation in Wertheim.
Bauernkrieg
1525 begann in unserem Gebiet in der Reichsstadt Rothenburg der Aufruhr. In der Grafschaft wurden Reicholzheim und Uettingen die Schwerpunkte des Aufstandes. Der Graf taktierte: Niederschlagung (Brandschatzung von Reicholdsheim), Unterstützung der Bauernheere (Waffen an die Belagerer von Würzburg). Nach dem Sieg über die Bauern wurden seine Bauern hart bestraft: Dörfer wie Uettingen mußten eine hohe Strafe zahlen.
Wirren bedingt durch Aussterben der männlichen Linie der Grafen von Wertheim
1556 starb mit Graf Michael III der letzte Graf der Wertheimer Linie. Ludwig von Tolberg übernahm die Grafschaft (Schwiegervater des Grafen). Doch entscheidend für später: Der Würzburger Bischof gab ihm den Fuldaschen Besitz (Kloster Holzkirchen) als Lehen von Würzburg - die späteren Streitigkeiten waren voraussehbar. Uettingen hatte eine Sonderrolle. Kurz vor seinem Tod übertrug der Wertheimer Graf Michael III. Uettingen als Lehen an seinen Bediensten Friedrich von Ratzenburg. Nach seinem Tod sollte Herr von Ratzenburg Uettingen erben.
Würzburger Fehde
Der Würzburger Bischof Julius Echter von Mespelbrunn (1598-1617) versuchte sich Teile der Wertheimschen Grafschaft anzueignen: Seine Soldaten brandschatzten einzelne Dörfer - bis zur Belagerung Wertheims. Besonders das Remlingener Amt (und damit auch Uettingen) hatte darunter zu leiden.
1632 kam der schwedische König Gustav Adolf nach Wertheim und setzte die evangelischen Grafen erneut in ihre alten Rechte ein - 1634 wurde nach Verlusten der Schweden wieder alles rückgängig gemacht.
Grafschaft Wertheim in der Zukunft
Die Erbstreitigkeiten kamen nicht zur Ruhe. Geteilt in eine evangelische und in eine katholische Linie wurde während des 30-jährigen Krieges ständig gestritten, jede Seite war auf ihren Vorteil bedacht. 1806 wurde mit dem Ende des „Römischen Reiches Deutscher Nation" die Grafschaft aufgelöst. Ein Teil der Grafschaft kam zu Baden, ein Teil zu Bayern, Teil zu Bayern (u.a. Uettingen).
Geschichte der Pfarrei Uettingen
Anfänge
Sie sind nicht mehr genau auszumachen, doch einige Eckpunkte sind bekannt:
722 hat ein Kleriker aus Fulda laut einer Urkunde Besitzungen in Uotinga (Ort des Uoto = Uettingen).
750 wird Uettingen zum ersten Mal in einer Traditionsurkunde von Fulda erwähnt als im Waldsassengau gelegen: Ein Kleriker aus Fulda namens Alwalah hat Besitz in Uotinga.
779 zur Zeit des Abtes Sturmius in Fulda gehören zum Kloster die Orte Votingen und Adalhalmstat ( = Helmstadt)
815 wird Uettingen vom Kloster Holzkirchen kirchlich versorgt
1212 wird ein Priester Conrad als Pfarrer in Uettingen genannt ( als erster Pfarrer erwähnt)
1494 ist ein Chorherr aus Wertheim zuständig für Uettingen
1530 ist bei der Beerdigung von Graf Michael III. ein Pfarrer Jacob Werner (Werndt) anwesend, der erste evangelische Pfarrer in Uettingen.
Episode: Bauernkrieg in Uettingen
Einer der Rädelsführer in der Grafschaft war der Uettinger Kilian Kleinhans, der sich selbst bezeichnete als „er sei der, der so am meisten Zins und Gült gäb und sehr beschwert sei". Er verfaßte die „10 Uettinger Artikel" ( der Pfarrer von Uettingen Jörg Heuslein soll an der Abfassung beteiligt gewesen sein), ein Anklang an die „12 Artikel" von Oberschwaben, aber mit Lokalkolerit: Beschwerde im Mißerntejahr über die Abgaben und den Hochmut des gräflichen Schultheißen, Klage wegen Jagdverbot und Frondienst, Ablehnung der Leibeigenschaft. Diese Artikel berufen sich gegenüber dem Grafen auf göttliches Recht. Luthers Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen" machte erst die Unfreiheit bewußt. Nach Niederschlagung des Bauernaufstandes holte sich der Graf die meisten Gefangenen aus Uettingen ( 12, mit Kleinhans und Heuslein). Außerdem mußte Uettingen die Höchststrafe von 1 200 Gulden zahlen.
Wirren nach dem Aussterben der männlichen Linie der Grafen von Wertheim
1556 hatte Friedrich von Ratzenburg Uettingen vom letzten Grafen Uettingen als Lehen bekommen. Dies änderte sich nicht. 1593 erbte Dietrich Landschad von Steinach das Dorf Uettingen. Er unterstellte seinen Besitz dem Reichsritterkanton Odenwald und konnte so sich dem Einfluß Würzburgs entziehen. Er starb 1625, das Erbe ging an den Freiherrn Johann Erhard Wolffskeel von Reichenberg (verheiratet mit der jüngsten Tochter Landschads): 22.1.1625. Doch der Bischof Philip Adolf von Ehrenberg versuchte Uettingen seinem Gebiet einzuverleiben (Begründung, es sei altes Würzburger Lehen). Er schickte seine Soldaten, zwang die Einwohner unter seinen Gehorsam und schickte 1626 den katholischen Pfarrer Georg Ambling nach Uettingen, um den katholischen Glauben wieder einzuführen. Die Uettinger mußten in dieser Zeit viel leiden. Erst am 29.3.1649 wurde im Vertrag zwischen dem Bischof und dem Freiherrn die kirchlichen Verhältnisse geregelt: Uettingen wurde wieder evangelisch, durfte seine Kirche (die 2. Kirche) wieder aufbauen.
Uettingen blieb im Wolffskeelschen Besitz bis 1806. Im Jahr 1806 wurde Uettingen kurz badisch, 1807 kam es zum Großherzogtum Würzburg (von Napoleons Gnaden), 1814 wurde es bayrisch. Das Patronat für Kirche und Pfarrer blieb bei dem Grafengeschlecht Wolffskeel von Reichenberg bis zur Ablösung 1969.
Einige Episoden
1634 kamen schwedische Soldaten ins Dorf. Durch Feuersbrunst wurden nahezu alle Häuser eingeäschert (1650 waren von 99 Häusern erst 61 notdürftig wieder aufgebaut).
1716 brannte Uettingen mitten in der Ernte nahezu vollständig ab - ein Jäger soll eine Elster auf einem Scheunendach geschossen haben - nur zwei Anwesen blieben verschont. Auch Kirche und Pfarrhaus brannten mit ab - daher gibt es keine Kirchenbücher aus früherer Zeit). Erst 1754 konnte die jetzige (die 3!) Kirche wieder eingeweiht werden.
1796 und 1800 kamen zweimal die französischen Soldaten - und requierten Pferde, Nahrung...
Kampf um den Gemeindewald 1821
Die politische Gemeinde besaß einen eigenen Gemeindewald, der von ihr selbst verwaltet und bewirtschaftet wurde. 1825 sollte auf Geheiß der bayrischen Staatsregierung Verwaltung und Nutzung des Waldes auf das Wolffskeelsche Patrimonalamt übergehen. Uettingen war in Aufruhr, glaubte es doch, daß ihnen der Waldbesitz weggenommen werden sollte: Der gräfliche Amtmann mit seinen Bediensteten wurde verprügelt und davon gejagt. 150 Soldaten mußten über Wochen in Uettingen zwangsweise einquartiert werden, um für Ruhe zu sorgen. Der Bürgermeister und acht Bürger wurden verhaftet: Sie bekamen 2-5 Jahre Arbeitshaus - doch der Wald bliebt bis heute im Eigentum der politischen Gemeinde.
Bruderkrieg
1866 Im Bruderkrieg Preußen- Oesterreich trafen am 25./26. Juli 1866 bayrische und preußische Truppen aufeinander und kämpften erbittert um den Ort und den naheliegenden Kirchberg. 380 preußische Soldaten und etwa noch einmal so viele bayrische Soldaten starben. Pfarrer Gampert, Ortspfarrer von Uettingen mußte täglich dutzende von Beerdigungen abhalten. Etwa 800 bis 1000 Verwundete wurden gezählt. In der Kirche wurden die „Weiberstühle" herausgerissen: Die Kirche wurde zum Lazarett gemacht. Auch im Ort waren über viele Wochen hinweg verwundete Soldaten untergebracht. Der Ortsfriedhof zeigt heute noch das Gesicht dieses Krieges: Denkmale für die Gefallenen aus Preußen und Bayern. Im Ort herrschte große Armut, war doch die Ernte - auf dem Feld stehend - weitgehend zertrampelt und verbrannt, die wenigen Vorräte vor der Ernte von den Soldaten requiiert. Durch Lebensmittelspenden und Erntegaben für das Vieh aus ganz Deutschland wurde die Not gelindert.
Zeit des Nationalsozialismus
1934 war Pfarrer Hermann Heller Ortspfarrer in Uettingen. Anfangs war er aufgeschlossen gegenüber dem „politischen Neuanfang" in Deutschland, begleitete aber bald sehr kritisch die nationalsozialistische Politik am Ort. Er bekam Schwierigkeiten, wurde angeklagt, es drohte eine Verhaftung. Alte Uettinger Frauen erinnern sich: Eine Reihe Uettinger Frauen erklärten sich zu Taufpaten für das jüngst geborene Töchterchen des Pfarrers, um ihm und seiner Familie in der Not beizustehen. 1938 mußte er durch den Landeskirchenrat in München aus Uettingen versetzt werden.
Aufhebung des Wolffskeelschen Patronates
Das Patronat wurde am 12.11.1969 abgelöst. Seitdem wird die Pfarrstelle Uettingen abwechselnd vom bayrischen Landeskirchenrat in München und dem Kirchenvorstand besetzt.
Evang.-Luth. Kirchengemeinde Uettingen heute
Uettingen ist eine wachsende Gemeinde - besonders in den Außenorten: Über 1.300 Gemeindeglieder leben in ihr (2/3 in Uettingen selbst, 1/3 in den Außenorten Greussenheim, Helmstadt, Holzkirchhausen, Mädelhofen, Roßbrunn. Viele junge Familien (sehr oft konfessionsverschiedene Ehepaare) leben in der Gemeinde - die Kirchengemeinde trägt diesem Tatbestand Rechnung und unterhält für Uettingen einen drei-gruppigen Kindergarten.
Die Menschen in Uettingen
In Uettingen begegnen dem Besucher lebensfrohe Menschen. Sie feiern gerne - und sind stolz auf ihren Spitznamen „Kleeparis". Sie sind stolz auf ihren guten Wein (Uettingen hat eigene Weinberge!). Viele Vereine bestimmen das Ortsgeschehen. Aber allen ist wichtig, ihre Dorfgemeinschaft zu erhalten. Streitigkeiten werden im Dorf gemeinsam gelöst.
Uettingen war früher ein armes Dorf. Durch die hier praktizierte fränkische Teilung (das Hof - Erbe wurde unter alle Kinder verteilt), wurden die Landwirtschaften immer kleiner. Arbeitsmöglichkeiten waren in Uettingen kaum gegeben. Durch Haltung und Züchtung von„gelbem Frankenvieh" suchten sich die Bauern einen Zusatzverdienst zu erwerben (Zucht bis Ende der 50er Jahre). Die Arbeitssituation änderte sich nach 1945.
Bis zum Ende des II. Weltkrieges war Uettingen ein evangelisches Dorf, umgeben von katholischen Nachbarorten. Dann kamen viele (besonders katholische) Flüchtlinge ins Dorf: Flüchtlinge aus dem zerbombten Würzburg (man rückte eben zusammen und nahm sie auf), Flüchtlinge aus dem Osten Deutschlands. Letzere blieben, heiraten ein, wurden geachtete Mitbürger und Mitbürgerinnen - sehr früh wurde ein katholischer Mitbürger in den Gemeinderat gewählt.
Eine zweite Welle von Neubürgern erfolgte durch Einheirat. Bis 1945 waren Jugendliche aus den katholischen Nachbarorten tabu: „Man heiratet doch keinen Katholiken oder umgekehrt, keinen Lutherischen". Jetzt änderte sich dies: Uettinger Burschen und Mädchen fanden Freunde und Freundinnen auch im Nachbardorf - viele Katholiken fanden ihren Ehepartner in Uettingen. Die alte - oft unselige - Geschichte in unserem Raum veränderte sich.
Die dritte Welle von „Neubürgern fand durch die Nähe Würzburgs nach Uettingen. Sie bauten hier billiger, wohnten in einem Dorf - mit vielen Freizeitangeboten - und hatten es nicht weit zu ihrem Arbeitsplatz.
So ist Uettingen im Laufe der letzten Jahrzehnte von 800 auf über 1.800 Einwohner gewachsen. Es gibt ein kleines Gewerbegebiet - und damit auch Arbeitsplätze für Uettinger Bürger. Doch fahren viele Uettinger weiterhin zur Arbeit in die Stadt - und in das umliegende Gebiet, ja bis nach Frankfurt.
Die Uettinger Bürger sind ein stolzes Volk. „Autorität" ist ihnen unheimlich. Außenstehende müssen sich diese „Autorität" erst durch Wissen und durch Zuneigung „verdienen". Wen sie aber einmal ins Herz geschlossen haben, der gehört zu ihnen, für den setzen sie sich ein - ist dies ein„Erbe ihrer Geschichte"?
Die Uettinger Einwohner sind kein „frommes" Volk - Erweckungsbewegungen sind im letzten Jahrhundert an Uettingen vorbeigegangen. Doch gehört für sie ihre Kirche - und damit das Wort Gottes - zum Leben dazu: Gerade in wichtigen Lebensabschnitten wollen sie nicht ohne Gottes Wort leben. Gottes Gebote sind Richtschnur ihrer Gemeinschaft. Inzwischen ist Uettingen aus einem ehemals evangelischen Ort herausgewachsen - nur noch ca. 60% der Einwohnern sind evangelisch. Doch das oekumenische Klima ist in Ordnung. Christen - gerade an der Basis - versuchen immer wieder aufeinander zuzugehen, als Christen gemeinsam zu leben, miteinander vom Glauben her diese Dorfgemeinschaft mit zu tragen.
Baugeschichte der Bartholomäuskirche
Namenspatron
Leider gibt es keine Unterlagen für den Grund der Namensnennung. Vermutlich waren schon die 1. und 2. Kirche nach Bartholomäus genannt worden (Übrigens: In unserer Gegend gibt es mehrere Bartholomäuskirchen).
Bartholomäus war ein Jünger aus dem 12-er Kreis Jesu. Er predigte - der Legende nach - im Osten, jenseits des römischen Reiches: in Mesopotamien, in Armenien, in Indien. Er starb den Märtyrertod in Albanopolis in Armenien (seine Haut wurde ihm bei lebendigem Leib abgezogen). Ein Fensterbild im Chorraum erinnert an den Namenspatron.
Baugeschichte der Kirche
Im 12. Jahrhundert gab es schon eine Kirche in Uettingen. Wann sie gebaut wurde, dafür gibt es leider keine Unterlagen. 1212 wird ein Pfarrer „Conrad" für Uettungen erwähnt. Regelmäßig wurde Uettingen kirchlich vom Kloster Holzkirchen, später von Wertheim versorgt. Dafür muß eine Kirche (Kapelle) bestanden haben. Es gibt einige geschichtliche Indizien dafür:
Das Turmgeschoß ist spätromanisch, auch das östliche Fenster im Chorraum stammt aus dieser Zeit.
Ein Stein mit der Zahl „1427", heute in der Sakristei war bis 1906 im Chorraum.
Das Sakramentshäuschen in der Sakristei (bis 1906 im Chorraum) stammt aus vorreformatorischer Zeit.
Der restaurierte Steinaltar (früher unter dem Barockaltar versteckt) stammt aus dem 12. Jahrhundert.
Diese Kirche ist 1634 in den Wirren des 30-jährigen Krieges abgebrannt - mit ihr das gesamte Dorf. Nach dem Vertag von 1649 durfte sie als evangelische Kirche wieder aufgebaut werden.
1714 brannte das Dorf nieder, auch die Kirche (mit Pfarrhaus). Sie konnte nur notdürftig wieder aufgebaut werden: Der Turm war teilweise aus Holz aufgeführt, auf den stehengebliebenen Außenmauern wurde ein Notdach errichtet.
1754 konnte man an einen Neubau - auf den Grundmauern der alten Kirche - gehen: die dritte Kirche , unsere Kirche von 1998. Sie wurde im Barockstil errichtet - mit Ergänzungen in der Rokokozeit.
1760 wurde die Orgel durch Georg Martin Gessinger aus Rothenburg eingebaut.
Der Einbau des Grafenstuhls wie der Kanzel ist mit Datum nicht erfaßbar, stammt aber aus der Zeit des Baus der Kirche.
1783 wurde die Kirche von dem Kunstmaler „Pattert aus Kitzingen" geweißt und die Emporen verziert (Bildertafeln).
1783 wurde der Hochaltar neu errichtet - über dem alten Steinaltar - durch einen Bildhauser aus Erlenbach (namentlich nicht bekannt). Ausgemalt wurde er von dem, genannten Kunstmaler Pattert.
1783 wurde der Taufstein von Johann Conrad Fleischmann gestiftet.
1843 wurde der Kornleuchter angeschafft.
1866 wurde das Gestühl in der Kirche „herausgerissen", die Kirche wurde im 1866er Krieg Lazarett.
1904 / 06 fand eine große Innenrenovierung statt - der Plan, die Orgel umzusetzen, wurde zurückgestellt.
1906 wurde das Deckengemälde von dem Maler Eulogius Böhler aus Würzburg aufgetragen.
1960 fand eine Innenrenovierung statt.
1984 die letzte Außenrenovierung.
1998 fand eine grosse Innenrenovierung statt (siehe unten).
Größe der Kirche
Chorraum: 3,70 m x 3,35 m - Langhaus: 18,40 m x 8,35 m - mit ca. 400 Sitzplätzen
Beschreibung im Einzelnen
Turm
Das Untergeschoß ist spätromanisch. Im 1. Obergeschoß - am Turmfenster findet sich die Zahl 1749 - schließt mit Gesims aus Platten und steiler Kehle. An der Ostseite findet sich ein romanisches Fenster, rundbogig mit Schräggewände. Die Kuppel ist mit einer Laterne versehen.
Sakristei
Sie liegt nördlich vom Chor mit Sakramentshäuschen.
Langhaus
Das Schiff ist in vier Fensterachsen gegliedert, Fenster im Segmentbogen geschlossen, mit Rotsandsteinumrahmung.
Hochaltar
Er wurde 1783 von einem Erlenbacher Bildhauer (Name ist unbekannt) gebaut, vom Kunstmaler Pattert aus Kitzingen ausgemalt. Der Aufsatz ist barock, der Altartisch ist spätromanisch (ca. 12. Jahrhundert). In der Mitte ist das letzte Abendmahl Jesu zu sehen, flankiert von 2 Engeln an Säulen (ein 2. Bild wurde 1893 - die Aufersteheung Jesu - gemalt, heute in der Sakristei). Gekrönt wird dieser Altar mit dem Wolffskeelschen Wappen (Patronatskirche).
Taufstein
Er wurde 1783 aus Sandstein errichtet.
Orgel
Der Erbauer war Georg Martin Gessinger (1717 - 1791) aus Rothenburg. Sie wurde 1760 eingebaut, 1880 durch Sigmund F. Braungart, Marktbreit umgebaut und erweitert. 1977/78 wurde sie durch die Firma Steinmeyer, Oettingen restauriert. Der Prospekt ist mit Rokokomuschelwerk verziert, die Pfeifenlabien sind bemalt. Sie ist die einzige erhaltene Gessinger - Orgel in Unterfranken.
Kanzel
Die Kanzel wurde - mit Schalldeckel - im Rokokostil der Inneneinrichtung angeglichen.
Emporen
Der biblische Bilderzyklus wurde von dem Kunstmaler Pattert aus Kitzingen geschaffen
Seitenempore (siehe Bildergalerie)
Orgelempore
siehe Bildergalerie
Deckengemälde
1906 wurde vom dem Kunstmaler Eulogius Böhler (1861 - 1943) dieses Gemälde geschaffen. Es zeigt die Himmelfahrt Jesu mit dem Missionsbefehl an seine Jünger, umgeben in den vier Ecken durch die Evangelisten. Böhler stammt aus dem badischen Oberland (Bergelungen / Säckingen), mit 18 Jahren ging er nach München um in Abendkursen an der Kunstgewerbeschule zu studieren. Auf seiner Wanderschaft kam er auch nach Würzburg, wurde dort ansässig. Er hat mehrere Kirchen der Umgebung ausgemalt. Bildausschnitte siehe Bildergalerie
Bild Kreuzigungsgruppe
Bemerkenswert ist dieses - einzig erhaltene Bild aus der zweiten Kirche. Es wurde in spätgotischem Stil in Öl auf Holz gemalt und stellt die Kreuzigung Jesu dar: Christus wird zwischen den zwei Schächern gekreuzigt, zu Füßen steht Maria Magdalena und Maria in Ohnmacht, von Frauen umgeben. Auch der Hauptmann, Soldaten und Volk ist zu erkennen. Der Maler nennt sich J. J. Sicht, gemalt 1621 (Leider ist nichts sonst von diesem Maler bekannt).
Grablagen
Die Kirche war als Patronatskirche der Grafen Wolffskeel - und seiner Vorgänger - gleichzeitig Grablage. Die Grabsteine, soweit vorhanden, sind gehoben und an der Längswand angebracht:
rechts neben der Kanzel
Elisabeth Landschad von und zu Steinach, eine geb. Metternich (gestorben 20.9.1617). Die Grablage befindet sich unter dem Altar: Hier ist sie begraben mit ihrem Mann Dietrich Landschad von und zu Steinbach und Uettingen (gestorben 22.1.1625).
links neben dem Eingang
Reichsfrei Philipp Erhard Wolffskeel von Reichenberg und Uettingen, Burgmann zu Homburg, Amtmann zu Remlingen, Homburg und Neubrunn und des Kreislandgerichts des Herzogtums Franken (geb. 14.3.1627 / gest. 6.2.1706).
links davon
Reichsfrei und Freifrau Eva Christine Wolffskeel von Reichenberg, geb. Schenk von Geyern (geb. 9.10.1630 / gest. 30.8.1688 in Remlingen). Die Grablage dieses Ehepaares ist unter dem Kronleuchter im vorderen Teil des Langhauses.
rechts an der Chorwand
Ein Stein erinnert an die Zeit, in der Uettingen dem Bereich der Herren von Ratzenburg angehörte:
„Dem letzten Graven zu Wertheim Michael gna(n)dt
Warn mein Fridrichs von Ratzenburgs dinst bekandt
Drum gab er mir Uting zu Ergetzbarkeit
Gott gebe sein Gnaden die Ewige freudt
Starb 1556 den 14. marz im alters 26 iar
des tags mir Utting mit Huldung gehorsam war."
Eine weitere Grablage ist unter den „Weiberstühlen" zu finden, links neben dem Eingang vom Kirchplatz. Hier wurde bei den Renovierungsmaßnahmen eine große Gruft besichtigt. Hier ruhen:
Generalmajor Joh. Gottfried Ernst Wolffskeel und seine Gemahlin Masria Sophia Freiin von Schaumburg und Freifrau von Schlammersdorf.
Eine vierte Grablage wurde unter der rechten Säule der Orgelempore entdeckt. Die Gruft war eingebrochen. Sie war bisher in unseren Akten unbekannt. Sie stammt sicherlich aus der Zeit der 2. oder gar 1. Kirche. Es wurde ein - sonst unleserlicher - Grabstein gefunden mit der Jahreszahl 1519.
Glocken
Ursprünglich läuteten in Uettingen drei Glocken, Entstehungszeit: 1783 / 1842 / 1896 (mehrfach wurden sie umgegossen). Die große und die kleine Glocke wurden im Krieg am 17.8.1917 abgenommen. 1922 wurde das Geläute wieder zu drei Glocken ergänzt (Stahlglocken). Diese trugen als Inschrift: „Lobet den Herren" - „Wachet und betet" - Dein Wort ist die Wahrheit". Sie sind nun unter der Orgeltreppe zu besichtigen.
1984 wurde mit vier Glocken ein neues Geläut angeschafft:
Taufglocke (c´´) - „Ich habe dich bei deinem Namen gerufen" mit dem Symbol der „Arche"
Gnaden- oder Predigtglocke (a´) - „Eine feste Burg ist unser Gott" mit dem Symbol der aufgeschlagenen Bibel
Gebetsglocke (g´) - „Befiehl dem Herrn deine Wege" mit dem Symbol der betenden Hände
Friedensglocke (e´) - der tiefsten Glocke - „Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden" mit dem Symbol des Gotteslammes.
Altarbibel
1719 wurde eine Altarbibel gespendet mit dem Wortlaut:
„In Jesu Nahmen, Amen. Dieses heilige Bibel Buch verehre ich der hiesigen Kirchen zu einem beständigen andenken, und ermahne dabei alle jezige und nachkommende Prediger des Dorfes der Gemeinde das göttliche wortt daraus treulich und fleißig vorzutragen mithin die Gemeinde zu aller Gottesfurcht und gehorsam gegen Ihre Obrigkeit anzuweißen. Ich meines Orts bekenne mich alß eine Christin der Evangelisch Lutherischen Religion und will in Selbiger durch die Gnade Gottes und meines einigen Erlösers Jesus Christi, biß meines Lebens-Ende beharren und darauf seelig ersterben.
Üttingen den Fünfzehn November 1719
Anna Margarethe Wolffskeels von Reichenberg,
gebohrene von Battendorf."
Pfarrer - Liste der Pfarrei Uettingen
vor der Reformation
um 1212
Conrad
1352-1380
Gotfrid
um 1434
Herbordus von Staffelstein
um 1445 (-1452)
Heinrich Molitor (Müller)
um 1452
Ulrich Bebinger
um 1453
Johannes Stephan
um 1457
Henricus Carnificus (Fleischmann)
um 1487
Conrad Textor (Weber)
um 1510
Johannes Schätzlein
1515-1529
Georg Heuslein von Remlingen
nach der Reformation
1529-1537
Jacob Werner (Werndt)
ein katholischer Pfarrverweser Valentin(?)
um 1550
Hans Schnepf (letzter Wertheimischer Pfarrer)
1559-1604
Thomas Flurer von Grünsfeld (eingesetzt durch Herrn von Ratzenburg)
1604-
Marcus Jodocus (Scherzer)
Christoph Hinz
ca. 1616-1632
M. Heinrich Leysser
1632-1635
Petrus Baldermann
bis 1649
zwei katholische Pfarrer:
Georg Ambling und Valent. Schröder
um 1650
Hännle
1655-1681
Andreas Schober (erster von Graf Wolffskeel eingesetzter Pfarrer)
um 1690
Gerbich
1699-1724
Leonhard Neunesius aus Schmalkalden
1725-1741
Georg Wolpert Ringer aus Schweinfurt
1742-1747
Johann David Heunisch
1748-1287
Georg Adam Furckel
1788-1800
Johann Heinrich Erdmann
1801-1818
Christian Ernst Spieß
1819-1828
J. Simon Michael Nörr
1829-1833
Ludwig Andreas Baumann
1833-1835
Verweser Dietzfelwinger und Degner
1835-1864
Johann Wolfgang Schmidt
1864-1870
Johann Kurt Christian Gampert
vor ihm: Verweser Alexander Lindner
nach ihm: Verweser Heinrich Horn
1871-1900
Julius antan heinrich Braungart
(Vikare: Pültz, Martschke, von Pieverling, Mark, Scheuner, Raab, Hammon)
1900-1910
Georg Raab
1911-1926
Johann Gottlieb Zitzmann
1926-1932
Adolf Wilhelm Rottler
1932-1938
Hermann Paul Ernst Heller
1939-1951
Karl Köllner
1951-1957
Dr. Georg Schönweiß
1957-1965
Hermann Herold
1965-1966
Leonhard Götzelmann
1966-1974
Otto Veit
1974-1977
Claudio Stief
1978
Verwesung durch Nachbarpfarreien
1978-1988
Peter Goertz
1988
Verwesung durch Nachbarpfarrei Remlingen
1989-2002
Klaus-Dieter Eichner
2002-2004
Verwesung durch Nachbarpfarreien
2004-
Peter Laudi
Innenrenovierung 1998
1998 wurde eine große Innenrenovierung durchgeführt:
Der gesamte Unterbau im Langhaus mußte erneuert werden, die Balken unter dem Fußboden waren verfault. Nun ist eine Feuchtigkeitssperre eingebaut, eine Pflasterung wurde durchgeführt. Darauf kam ein neuer Fußboden.
Die Wände der Kirche wurden neu angestrichen - eine alter Farbanstrich in leichtem Gelbton wurde nun wiederverwendet.
Das Deckengemälde und die Bilder der Emporen wurden restauriert.
Der alte - schadhafte Blasebalg der Orgel wurde erneuert. Dabei konnte der unschöne Aufbau neben der Orgel beseitigt werden.
Eine Verbesserung der Heizung und der Beleuchtung konnte eingebaut werden.
Die alten Bänke kamen - ausgebessert - wieder in die Kirche, wurden aber farblich dem Gesamtbild der Kirche (Emporen) angeglichen.
Der alte Steinaltar aus dem 12. Jahrhundert wurde freigelegt und wieder-verwendet. Der Barockaufsatz kam - restauriert - an die alte Stelle.
Der Taufstein und die Kanzel wurden restauriert, bei der Kanzel die schadhafte Treppe erneuert.
Im Grafenstuhl wurden zwei - alte - Bänke eingebaut, mit einer Heizung versehen.
Eine Lautsprecheranlage wurde vorgesehen, ebenso eine Anlage für Schwerhörige.
Die Sitzkissen konnten - durch einen nicht von uns verschuldeten Fehler bei den alten Kissen - günstig ausgetauscht werden.
Die gesamte - schadhafte - Elektroinstallation wurde neu in der Sakristei zusammengefaßt, dabei eine neue Turmuhr angeschafft.
© Texte und Fotos bei Klaus-Dieter Eichner, Pfarrer i.R. in Uettingen
Verwendete Literatur:
F. Kobe: Reformation in der Grafschaft Wertheim 1924
H.Fischer/T. Wohnhaas: Historische Orgeln in Unterfranken 1981
H. Ehmer: Geschichte der Grafschaft Wertheim 1989
Pfarrarchiv, Pfarrchroniken der Kirchengemeinde Uettingen
Weiterführende Links
Evangelische Bartholomäuskirche - Seitenemporen